Abb. 1 "Halskettchenallergie"
Abb. 2 Fingerekzem durch Münzkontakt
Abb. 3 Allergie auf Leder im Festschnallgurt
Abb. 4 Reaktion nur bei roter Kulihülse
Abb. 5 Hautirritation durch ein Wäsche-Etikett
Abb. 6 Hautreaktion nur auf nickelhaltige Münzen, unten Nickel zur Kontrolle
Abb. 7 Hochakutes Kontaktekzem auf Ultraschallgel bei einer Schwangeren
Kontaktekzem
Gummi, Pflanzen, Metalle, Farbstoffe, Kosmetika und Medikamente stehen ganz oben auf der Hitliste der Körperkontaktallergene. Formaline, Terpentin, Imprägnierungsmittel, Teppichböden, Kleber, Klimaanlagen, Computer und Laserdrucker machen dagegen als „Dunstallergene" von sich reden. Mit diesen Tipps können auch Sie betroffenen Patienten helfen.
In der Hautpraxis macht die allergische Kontaktdermatitis bis 15% aller Dermatosen aus. Frauen sind häufiger betroffen, was auf eine erhöhte Exposition, beispielsweise Doppelbelastung durch Beruf und Haushalt, zurückzuführen sein dürfte. Da sich viele Patienten erst nach Jahren und mit Dauerschaden beim Arzt vorstellen, müssen Sie möglichst früh eingreifen, um gravierende Folgen zu vermeiden, Tab. 1 zeigt die Top-Ten der häufigsten Allergene.
Die von außen auf die Haut einwirkenden Allergene verursachen die Typ IV-Reaktion, den „verzögerten Typ". Diese lassen sich im Epicutan-Läppchentest nachweisen und nach drei Tagen ablesen. Hiermit grenzt man die Sensibilationsursache gut ein.
Typisches Beispiel für eine Typ IV-Reaktion ist das Nickelekzem wie in Abb. 1 als „Halskettchenallergie". Auch Goldschmuck enthält Nickellegierungen (Weißgold). Bei einem Kassierer wurde das Fingerekzem durch Münzkontakte verursacht (Abb. 2). Ein Arbeitsplatzwechsel war notwendig. Die Abheilung erfolgte daraufhin auch ohne Kortison in 14 Tagen. Bei der Einzelaustestung der Münzen (noch zu D-Mark-Zeiten) wurden die nickelhaltigen als Allergene entlarvt (Abb. 6). Die Euro-Währungsunion hat leider die Verwendung von Nickel bei den l- und 2-Euromünzen nicht verhindert.
„Was glauben Sie, woher es kommt?"
Die Lokalisation der Kontaktallergie verrät oft schon die Ursache: z.B. die Handyhand links, die Maustaste rechts, Mountainbike und Lederlenkrad symmetrisch beide Hohlhände, dagegen der Ledertennisschläger nur einseitig, Klebstoffe sowie Farben bevorzugen die Fingerkuppen usw.
Fragen Sie immer nach Beruf und Freizeitanamnese oder lassen Sie sich überraschen mit der Frage: „Und wovon, glauben Sie, kommt das?" Besonders Frauen erscheinen zunehmend mit kosmetischen Kontaktallergenen, z.B. Haarfärbemittel, Parfüm, Deodorantien, Nagellacke und Sonnencreme in der Praxis. Auslösende Ursachen sind oft die enthaltenen Konservierungsstoffe, die meist nicht deklariert sind.
Auch großflächige Ekzeme sind möglich: So entwickelte eine hochschwangere Japanerin zehn Tage vor Entbindung ihrer Zwillinge ein hochakutes Kontaktekzem auf Ultraschallgel (Abb. 7). Unter Prednicarbat (Dermatopsalbe®) war der Kaiserschnitt später gottlob problemlos.
Reizwäsche aus der Trommel
Beim Windelekzem der Säuglinge sind es dagegen die Lipasen und Proteasen im Stuhl, welche den Harnstoff hydrolysieren, zu Ammoniak umwandeln und dadurch die Haut schädigen, ähnlich wirken Körpersekrete, z.B. Speichel, der das Lippenleckekzem der Kinder verursacht. Neben den Achselekzemen treten Hautirritationen am gesamten Körper immer häufiger auf. Sie können Ausdruck einer übermäßigen Verwendung von Duschgelen, Seifen und Deodorantien sein. Oder sie sind einer Weichspüler- und Waschmittelreaktion zuzuordnen, wobei besonders die Tenside mit ihren fettlösenden Eigenschaften der Haut zusetzen. Ferner sind „Proteolytische Enzyme" ein Problem, die beim Waschvorgang frei werden, dazu kommen noch die optischen Aufheller, Parfüms und Duftstoffe. Als zusätzlicher Weißmachereffekt wird Schlämmkreide vom Kaliumdichromattyp verwendet. Auch nach zahlreichen Spülvorgängen sind in der Wäsche noch zu viele Waschmittelreste vorhanden, die regelrecht eine „Reizwäsche" produzieren. Insbesondere die Intimwäsche sollte gut geschleudert bzw. doppelt durchgespült werden. Und ist es nicht der Stoff, können auch Nähte und Etiketten zu Irritationen führen (Abb. 5).
Fußproblem durch Lederschuhe
Der pH-Wert frischer Wäsche beträgt 9,8. Das heißt, die Wäsche strapaziert die Pufferkapazität der Haut, zerstört ihren Säureschutzmantel und macht sie empfindlich für Allergene, Keime und Pilze.
Eine Besonderheit ist der so genannte „atopische Winterfuß" der Neurodermitiker, der oft zu lange falsch auf Fußpilz behandelt wird. Hier sind die akrale Belastung und die Chromate der Lederschuhe die pathogene Ursache. Leder in einem Festschnallgurt war auch im Altenheim einer dementen Patientin der Auslöser eines Kontaktekzems (Abb. 3).
Das akute, blasige Kleinfingerekzem einer Gärtnerin wurde durch das Pflanzentoxin einer Junipera-Art ausgelöst, einer Unterart der Thuja Gewächse. Bekannt ist auch die Berloque-Dermatitis, beispielsweise durch Kölnisch Wasser. Nach Sonnenlichtexposition werden abends mitunter braune Pigmentherde beobachtet. Naturheilprodukte oder Naturkosmetika, die z.B. Propolis oder Auszüge von Ringelblumen oder Arnika enthalten, erfreuen sich in Laienkreisen größter Beliebtheit. Ebenso wie der weit verbreitete Duft- und Aromastoff Perubalsam, der auch Nahrungsmitteln zugesetzt wird, z.B. Cola, Schokolade und Eiscreme.
Als erstes: Allergen ausschalten
Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist die Beendigung der ursächlichen Exposition und das Ausschalten der exogenen Noxen. Keine symptomatische Therapie kann diesen Schritt ersetzen. Bei der medikamentösen Therapie gilt grundsätzlich: Klotzen, nicht kleckern! Das heißt, anfangs eine potente Kortisoncreme, dann ausschleichen mit Hydrocortison oder sogar die Calcineurininhibitoren: Elidel Creme® und Protopic®-Salbe, je nach Hautbeschaffenheit. In jedem meiner Arbeitsräume steht die Alfason Repair® und der Allpresan3+®-Schaum.
Kompakt
Tabelle 1 Top-Ten der Allergene
Allergen | Anteil an Allergien in % |
Anzahl Bundesbürger |
---|---|---|
1. Nickelsulfat | 15,5 | 4.520.000 |
2. Duftstoffe | 11,7 | 3.500.000 |
3. p-Phenyldiamin | 4,6 | 1.350.000 |
4. Kaliumdichromat | 4,2 | 1.225.000 |
5. Lanolin, Wollwachs | 3,8 | 1.100.000 |
6. Gummi | 2,7 | 790.000 |
7. Formaldehyd | 2,0 | 580.000 |
8. Paraben-Mix | 1,5 | 440.000 |
9. Epoxidharz | 1,2 | 350.000 |
10. Perubalsam | 0,9 | 285.000 |
Wenn das Allergen durch die Luft kommt
Neuerdings wurde der Begriff der aerogenen Kontaktdermatitis geprägt: In der Luft schwebende Substanzen, „Dunstallergene", reizen Haut- und Schleimhäute im Gesichtsbereich. Formaline, Terpentine, Imprägnierungsmittel, Teppichboden, Kleber, Klimaanlagen, Computer, Laserdrucker und Faxpapiere sind als Verursacher meist schwer nachweisbar („Sick-Building-Syndrom"). Diese Aeroallergene dringen sogar fluoreszenznachweislich durch die Haut, so dass Atemwegsallergiker nicht bekleidete Haut mit einer Bodylotion schützen sollen.
Maurerekzem oder Betonkrätze
Maurerekzem oder Betonkrätze
Auch der ständige Gebrauch von Seifen und Reinigungsmitteln oder ständige Feuchtarbeiten führen zur Abnutzung der schützenden Lipidschicht in der Epidermis und erschöpfen rasch die begrenzte Pufferkapazität der Haut. Dazu kommen physikalische Reize wie Sand, Papier und Beton. Folge sind z. B. das Maurerekzem, auch Betonkrätze genannt.
Bügeleisen fixiert Druckfarben
Auch Farbstoffe und Kunststoffartikel sind eine Gefahr, Abb. 4 zeigt die Sensibilisation auf einen roten Plastikkugelschreiber; auf das nickelhaltige Metall und den blauen Kugelschreiber hingegen nicht. Bei bedruckten Schreibwaren, Tinten, Durchschlagpapier und Stempelkissen ist das enthaltene Kolophonium der Auslöser. Übrigens wurde die Zeitung früher vom Butler nicht gebügelt, damit sie schön warm ist, sondern damit die Druckfarben keine Allergie auslösen.
Ihr Dr. med. Michael Schnicke