Abb. 1 Keloide mit Rezidiven auf dunkler Haut
Abb. 2 Keloid hinter dem Ohr
Abb. 3 Keloide in Verbrennungsnarben
Dr. Michael Schnicke: Narben nicht durch enge Kleidung reizen!
Narben
Die vielen und oft sinnlosen Maßnahmen gegen Narben sind ein Indiz dafür, dass es zur Zeit kein befriedigendes und eindeutiges Behandlungsschema gibt. Für die Praxis sind daher grundsätzlich Therapie-Kombinationen zu empfehlen. Die Behandlung muss frühzeitig beginnen, da frische Keloide eine bessere Rückbildungstendenz zeigen. Auch müssen Sie Lokalisation, Größe, Bestandsdauer und Anzahl der Narben sowie das Alter und die Hautfarbe des Patienten beachten.
Keloide und hypertrophe Narben sind das Ergebnis einer gestörten Balance zwischen Synthese und Abbau des dermalen Kollagens. Zur Risikogruppe gehören genetische Faktoren (Keloide in der Familienanamnese), das Alter des Patienten (10-30J.), die Zugehörigkeit zur dunkelhäutigen Rasse (Abb. 1), sowie eine erhöhte Wundspannung nach operativen Eingriffen. Auch Unfalltraumen, Tätowierungen und Piercing-Maßnahmen sind mit Narbenrisiko behaftet und wachsen überwiegend exophytisch (Abb. 2); wohingegen bei der Akne die Narben trichterförmig und eingesunken sind, ebenso bei Windpocken und Zoster.
Die Narbe, auch Cicatrix (lat.= Flickwerk), hat keine Hautfelderung. Frisch dominiert sie rötlich bis blau-rot, im älteren Zustand wird sie weiß. Keloide sind überschießende Fibroblastenwucherungen mit massiver Kollagenbildung ohne eindeutig geklärte Ätiologie. Operationsnarben sind meist wulstartig bis fingerdick, während nach Verbrennungen meist plattenartige Keloidherde entstehen (Abb. 3). Wenn eine gewisse Größe erreicht ist, stagniert das Wachstum, unbegrenzte Progression ist selten.
Therapie mit vielen Zielen
Ziel der Behandlung ist es, Größe und Volumen des Keloids zu reduzieren, ein meist vorhandenes Erythem zu verhindern, vorhandene funktioneile Behinderungen zu verbessern, subjektive Beschwerden wie Juckreiz, Spannungsgefühl oder Schmerzen zu verringern und ein zufriedenstellendes kosmetisches Ergebnis bei möglichst geringer Rezidivneigung zu erreichen.
Intraläsionale Kortikosteroide
Für mich ist die Narbenunterspritzung mit Triamcinolonacetonid (z.B. Volon* A 10 Kristallsuspension) Mittel der 1. Wahl. Optimal, und zwar zu 80-100%, sprechen dabei hellrote Narben an. Kortikosteroide hemmen die Fibroblastenproliferation und inhibieren die Kollagensynthese. Die sonst gefürchtete Nebenwirkung einer Hautatrophie wird also bei der Narbeninjektionstechnik zur Hauptwirkung. Entscheidend ist, dass streng intraläsional injiziert wird. Der Blanching-Effekt (das Abblassen und die gleichzeitige Quaddelbildung) zeigt den Endpunkt der Infiltration an (Abb. 4). Ich nehme dazu die 1ml-Tuberkulinspritze mit 26 G-Nadel, fest aufgesteckt, da ein sehr hoher Druck entsteht. Auch wird so die Gefahr, intravasal zu spritzen, vermieden.
Abb. 4 Narbeninjektion mit Blanching-Effekt
Kryotherapie hilft langfristig
Die Wirkung der Kryotherapie beruht vor allem auf einer Änderung der MikroZirkulation und dadurch bedingter Thrombosierung mit konsekutivem ischämischem Zelltod. Ich vereise 4mal pro Herd mit je fünf Sekunden Einfrierdauer, wobei dazwischen das vollständige Auftauen der vereisten Fläche abgewartet wird, Wiederholung nach vier Wochen. Manchmal muss man eine Depigmentierung durch die Zerstörung der kältesensiblen Melanozyten in Kauf nehmen. Je nach Art und Größe der Läsion können ca. drei bis fünf Behandlungen erforderlich werden. Bei 60% der Patienten ist die Therapie erfolgreich. Und auch wenn das Keloid nicht ganz verschwindet, lässt sich doch langfristig eine deutliche Abflachung erreichen (Abb. 5a und b, Patient ist auch nach einem Jahr noch völlig rezidivfrei).
Abb. 5 Vor (5a) und ein Jahr nach (5b) der Kryotherapie
Operative Therapien nie allein
Operationen kommen zum Einsatz bei Keloiden mit begleitender Bewegungseinschränkung oder um eine Größenreduktion zu erreichen. Da die komplette Entfernung des Narbengewebes mit einer hohen Rezidivrate belastet ist, ist sie als alleinige Therapie kontraindiziert und muss stets mit adjuvanten Maßnahmen kombiniert werden. Die intramarginale Narbenexcision führt zu deutlich besseren Ergebnissen, wobei die Schnittführung entlang der bekannten Spannungslinien der Haut erfolgt. Beim Nähen nimmt man subkutane Fäden mit langer Resorbtionszeit.
Laser - nichts für dunkle Haut
Mit dem CO2-Laser können auch große Keloide präzise bis ins Hautniveau hämostatisch abgetragen werden, wobei es nicht wie nach Exzision zu einer vermehrten Wundspannung kommt. Die Behandlung mit dem Farbstoff-Laser ist bei dunkelhäutigen Menschen unwirksam und kann zur erheblichen Verschlimmerung führen. Postoperativ wird auch hier mit Kryotherapie oder Kortison-Unterspritzung nachbehandelt.
Auch Pflaster und Salben ebnen
Glukokortikoide
Die externe Applikation wird mit Steroiden der Klasse IV unter Okklusion durchgeführt. Bei Kindern maximal der Größe des Patienten-Handtellers. Die Folie soll den Rand des Keloids nicht ganz bedecken. Ein Behandlungsszyklus erfolgt allabendlich für die Dauer von vier Wochen.
Silikonplatten und Silikongele
Ihre Wirkung beruht am ehesten auf einer verstärkten Durchfeuchtung, die Funktion entspricht einer impermeablen Membran. Mehrere Studien belegen gute Wirksamkeit, besonders bei hypertrophen Narben (z.B. Dermatix"[TM], Ultra Silikongel). Silikonpräparate nehme ich auch postoperativ zur Narbenprophylaxe. Ähnlich werden große Operationsnarben mit Epi-Derm(R) Folie abgedeckt. Völlig ohne pharmazeutische Wirkstoffe ist die Hansaplast (R) Narbenreduktions-Kombipackung.
Narbensalben
Marktführer in Deutschland ist der Zwiebelextrakt mit Allantoin und Heparin (Contractubex(R) Gel). Ebenfalls heparinhaltig, aber mit Harnstoff und Campher versetzt, ist die Kelofibrase" Narbencreme.
Abb. 6 Patient mit einem Keloid auf der Brust
Kompakt
Was ist Narbe, was ist Keloid?
Die hypertrophe Narbe ist eine überschießende Gewebebildung, die nicht über den Rand des Defekts reicht. Beim Keloid wuchert die stark überschießende Narbe über den ursprünglichen Wundrand hinaus. Dabei verdankt das Keloid seinen Namen einer typischen Wuchsform: Die Ausläufer am Rande der Wucherung ähneln einer Krebsschere (griechisch = Chele) (Abb. 6).
Ihr Dr. med. Michael Schnicke